Steigende Rohstoffpreise und Arbeitslöhne fordern den Einkauf in der Verarbeitenden Industrie heraus. Traditionelle Einkaufshebel sind oft bereits intensiv genutzt worden – nun ist Kreativität im Lieferantenmanagement gefragt.

Wenn die klassischen Einkaufshebel ausgeschöpft sind, bietet vor allem die verstärkte Kooperation mit Lieferanten Kostenoptimierungspotenzial. Aber wie fördert man den Austausch mit Lieferanten? Und wie bindet man sie erfolgreich in den Beschaffungsprozess ein?

Externe Ideen nutzen

In der Verarbeitenden Industrie werden in erster Linie Alternativen für Preissteigerungen,  eine höhere Effizienz oder verbesserter Arbeitsschutz gesucht. Auch Emissionen und Umweltschutz sind für viele Betriebe ein Dauerthema. Ein breites Feld, in dem aufgeweckte Lieferanten einen echten Mehrwert liefern können. Vorausgesetzt man überlässt die Ideenfindung nicht dem Zufall, sondern verankert diese fest im Beschaffungsprozess.

Leitfaden für eine erfolgreiche Lieferantenkooperation

Nutzen Sie das Wissen Ihrer wichtigsten Lieferanten und fordern Sie regelmäßige Verbesserungsvorschläge ein. Dazu benötigen Sie eine Struktur, die es Ihren Partnern ermöglicht, eigene Vorschläge vorzutragen. Mit folgenden Schritten legen Sie den Grundstein für ein kooperatives und innovationsfreudiges Verhältnis.   

  1. Quantifizierbare Ziele – was wollen Sie? Definieren Sie die relevanten Lieferanten und quantifizieren Sie deren Ziele, z. B.: „Jeder Key-Supplier präsentiert drei Supplier Innovation pro Jahr.“ 
  2. Klarer Entscheidungsprozess – eingereichte Vorschläge durchlaufen transparente Strukturen mit klaren Arbeitsabläufen und Zuständigkeiten.
  3. Starkes Leadership – die Unterstützung der Chefetage ist zwingend erforderlich, damit die notwendige Priorisierung erfolgt.
  4. Schnelle Umsetzung – Ideen, die erfolgreich den Prozess durchlaufen haben, müssen umgesetzt werden. Kein „im Sand verlaufen“ oder „aussitzen“.
  5. Durchgängiges Feedback – rückblickende Prozessanalyse: Was lief im Auswahlverfahren rund, wo hat es gehakt und was könnte verbessert werden?
  6. Einfacher Ideenaustausch – Bereitstellung eines Online-Tools, damit Lieferanten ihre Ideen ohne großen administrativen Aufwand einreichen können.
  7. Anreize für den Lieferanten – wie motiviert man den Lieferant zur Mitarbeit? Beispielsweise durch die Aussicht auf langfristige Verträge oder die Weitergabe von Einsparungen. 

Jährliche Strategie festlegen  

Die Einkaufsleitung legt jährlich die grundsätzliche Strategie und den Fokus im Lieferantenmanagement fest. Hier sollten die Ergebnisse aus den vorherigen Phasen der Ideenfindung, Bewertungen und des Feedbacks einfließen. Wichtig: Das Projekt bleibt in der Verantwortung des Einkaufs; Produktion und Entwicklung sind wesentliche Prozessbeteiligte.

Nur zwei bis fünf Prozent aller generierten Ideen führen tatsächlich zum Erfolg

Welcher Lieferant ist relevant?

Dem Einkauf fällt die schwierige Aufgabe zu, die für den Innovationsprozess relevanten Lieferanten zu bestimmen. Das Problem: Nur zwei bis fünf Prozent aller Innovationen führen zum Erfolg. Folglich braucht es eine ausreichend große Masse, die Input liefert. Gleichzeitig bindet die Prüfung der Vorschläge Kapazitäten und verursacht Kosten, sodass der Pool nicht zu groß sein darf.

Efficio empfiehlt vier Schritte zur Lieferantenauswahl:

  1. Lieferantenklassifizierung – wie hoch ist die strategische Bedeutung und das Volumen des Lieferanten? 
  2. Eigene Bedeutung für Lieferanten – bin ich ein Schlüsselkunde mit einem relevanten Bedarf? 
  3. Verhandlungsposition – wie ist das Machtgefüge in der Partnerschaft? 
  4. Potenzialanalyse – welche Wertschöpfung kann der Kunde beitragen? Wie groß ist der Implementierungsaufwand? 

Geben Sie dem Prozess einen Namen 

Sind die Teilnehmer bestimmt, können diese über eine persönliche Mail, ein Gespräch, einen Supplier Innovation Day, den Internetauftritt oder Social Media informiert werden – idealerweise über mehrere Kanäle. Tipp: Geben Sie Ihrem Innovationsprozess einen einprägenden Namen und Slogan zur Wiedererkennung. Vielleicht loben Sie hierzu einen Wettbewerb aus? So machen Sie das Projekt gleich bekannt.

Wichtig: Behalten Sie die Anreize für den Lieferanten im Auge. Einer Studie des Fraunhofer-Instituts („Innovationsmanagement durch den Einkauf“) zufolge sind die wichtigsten 

Motive für Lieferanteninnovationen:

  • Langfristige Geschäftsbeziehungen
  • Langfristige Lieferverträge
  • Aufnahme in den Lieferantenpool 
  • Faire Geschäftsbeziehungen

Supplier Innovation: Konsolidierung der Ideen

Machen Sie es den Lieferanten einfach, die Ideen über ein Online-Tool einzureichen. Die gängigen Plattformen leiten die Vorschläge automatisch weiter. Es spricht einiges dafür, dass jeder Einkäufer die in seine Zuständigkeiten fallenden Ideen selbst bearbeitet und eine erste Prüfung vornimmt. Diese sollte nach einheitlichen Kriterien erfolgen.

Mögliche Checkliste zum Screening der Vorschläge 

  • sind alle notwendigen Informationen enthalten?
  • gibt es einen klar erkennbaren Mehrwert für das Unternehmen?
  • ist es technisch umsetzbar? 
  • ist die Implementierung realistisch?

Die wichtigste Frage, die jeder Mitarbeiter beantworten muss: „Bin ich bereit für diese Idee zu kämpfen?“ Ein klares „Ja“ ist nötig, damit der Vorschlag die nächste Ebene erreicht. 

Jede eingereichte Idee bekommt innerhalb von vier bis sechs Wochen ein Feedback

Mehrstufiges Evaluierungsverfahren

Hier beginnt die eigentliche Selektion, die je nach Organisationsgröße mehrere Stufen umfasst. Bei einem zweistufigen Prozess wird die Idee beispielsweise zunächst von einem cross-funktionalen Team hinsichtlich der technischen und wirtschaftlichen Potenziale diskutiert und bewertet.

Erst bei einem positiven Ergebnis erfolgt eine detaillierte Investitionsrechnung, die der Geschäftsführung zur Entscheidung vorgelegt wird.

Es hat sich bewährt, dass auf jeder Stufe der Lieferant über das Ergebnis informiert wird. Dies ist ein wichtiges Feedback und zeigt, dass seine Innovationen ernst genommen werden.

Wie hoch ist das Einsparpotenzial?

Dazu lassen sich kaum zuverlässige Prognosen erstellen, jedoch ist das Potenzial enorm. Die Vorteile reichen von besseren Produkt- oder Servicefunktionen über schnellere Markteinführungszeiten bis hin zu verbesserten Marktzugängen und Ressourcengewinnung. Manchmal münden die Lieferanteninnovationen auch schlicht in weniger Schmutz, weniger Verschleiß oder weniger Störungen. Es ist eine Art Black-Box, bei der das Ergebnis offen ist und auch sein soll.

Stärkung der Beschaffung im Unternehmen 

Klar ist: Ein vom Einkauf initiierter Innovationsprozess fördert die Balance zwischen Einkauf und Technik. Die häufig unterschiedlichen Sichtweisen werden dank gemeinsamer Evaluierungsteams frühzeitig diskutiert und selektiert. Das schafft für beide Seiten eine zusätzliche Transparenz und die Möglichkeit, wirtschaftliche und technische Interessen zu vereinen.

Anerkennung von Zulieferern und Mitarbeitern

Zudem erfahren strategisch wichtige Kunden durch die Teilnahme am Prozess eine Aufwertung, ebenso die beteiligten Mitarbeiter. Wer eine Innovation von Anfang bis zur Implementierung begleitet, erlebt ein Erfolgserlebnis. Weiteres Plus: Ist der Prozess einmal aufgelegt, kann er auch für die interne Ideengenerierung genutzt werden.

Lieferantenmanagement

Benötigen Sie Hilfe bei der Einführung eines Supplier Innovation Process? Die Einkaufsberater von Efficio unterstützen Sie gern bei der Planung und Umsetzung zur Optimierung Ihres Lieferantenmanagements.

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Dieser Artikel enstand in Zusammenarbeit mit den Efficio-Beratern Peter Stern und Sharif Rahim.