Hafenüberlastung, Frachtverzögerungen und eine steigende Nachfrage waren in den letzten Monaten Hauptthemen. Hinzu kam Russlands Einmarsch in die Ukraine. Viele Länder haben daher eine Reihe von wirtschaftlichen und weiteren Sanktionen gegen Russland verhängt. Die Störungen in der Lieferkette und die Auswirkungen auf die Wirtschaft werden erheblich sein.

Die Rohstoffknappheit war bereits mit der COVID-19-Pandemie ein Problem, aber die Krise in der Ukraine wird dieses Problem wahrscheinlich noch verschärfen, da Russland und die Ukraine bedeutende Exporteure einiger Rohstoffe sind. Dazu gehören insbesondere russisches Öl und Gas, aber auch Ammoniak und Düngemittelprodukte, Mais, Weizen und andere Feldfrüchte sowie eine Reihe von Metallen. Die Preise für diese Produkte sind nach der Invasion in die Höhe geschnellt und werden wahrscheinlich so lange hoch bleiben bis die Krise überwunden ist. Wir sollten auch damit rechnen, dass weitere Probleme auftauchen werden, wenn die Preis- und Versorgungsprobleme in weiteren Verarbeitungsstufen der Lieferkette auftreten. Ein Beispiel: Sowohl die Ukraine als auch Russland sind bedeutende Exporteure von Neongas, das bei der Herstellung von Mikrochips verwendet wird. Dies hat kürzlich zu einer Warnung der US-Regierung vor den möglichen Auswirkungen der Krise auf die Chipindustrie geführt (und dies zu einer Zeit, in der die Industrie darum kämpft, das Angebot zu erhöhen, um die Nachfrage aus der Pandemie zu decken).

Die Welt steht nicht still. Seit dem Höhepunkt der COVID-19-Krise, in der sich alles verlangsamte, hat sich die Nachfrage schneller als erwartet erholt. Der Nachholbedarf führt jetzt zu enormen Kosten und dies hat in Verbindung mit dem derzeitigen Anstieg einen Dominoeffekt, wenn es um die weltweite Transportkapazität und die Verfügbarkeit von Rohstoffen geht.

Nachfrage im Angesicht von Herausforderungen 

Während die Inflation unvermeidlich war, geschieht dies alles vor dem Hintergrund eines zunehmenden Arbeitskräftemangels in einer Reihe von Sektoren. LKW-Fahrer sind nach wie vor ein Paradebeispiel dafür. Eine kürzlich von der International Road Transport Union (IRU) durchgeführte Umfrage in 20 Ländern ergab, dass bis zu 25 % der Stellen unbesetzt sind, wobei Teile Eurasiens und Europas am stärksten betroffen sind. Die Ursachen für den Arbeitskräftemangel sind von Branche zu Branche unterschiedlich, aber im Vereinigten Königreich beispielsweise sind sie in der Regel das Ergebnis einer Kombination aus COVID-19, Brexit und spezifischen sektoralen Problemen.

Wir leben heute in einer zunehmend unbeständigen Welt, in der Katastrophen oder „schwarze Schwäne“ zur neuen Normalität zu werden scheinen. Auch wenn jedes Ereignis unterschiedlich ist, so sind die Folgen doch weitgehend die Gleichen. Das wirft die Frage auf: Ist ‚business as usual‘" immer noch ein nützliches Konzept, wenn es um Lieferketten geht, oder sollten wir akzeptieren, dass die Welt riskanter wird, und unsere Lieferketten entsprechend planen?

Vorbereitung auf eine komplexere Normalität 

Anstatt diese Ereignisse als einmalig zu betrachten, müssen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen, um die Widerstandsfähigkeit der gesamten Lieferkette zu gewährleisten. Dies wird für viele ein Umdenken erfordern. 

Während ein Geschäftsmodell, das auf Gewinnmaximierung und Kostensenkung basiert, in einer Welt mit geringem Risiko vielleicht funktioniert hat, ist dieser Ansatz nicht mehr sinnvoll. Stattdessen müssen sich Organisationen darauf konzentrieren, Resilienz aufzubauen. Dazu kann es erforderlich sein, mehrere Verträge abzuschließen und die Zulieferer zu diversifizieren oder die Produktion ins Ausland zu verlagern, um sicherzustellen, dass die Produktion näher am Kunden stattfindet. Auch wenn dies anfänglich weniger kosteneffizient sein mag, können diese Initiativen die Auswirkungen bei der nächsten Krise begrenzen. Unserer Meinung nach sind Unternehmen gut beraten, Margen anzustreben, die diese zusätzlichen Kosten berücksichtigen und den Weg für eine widerstandsfähigere Lieferkette ebnen.

Neben diesem Umdenken sind auch Investitionen in die Infrastruktur erforderlich, um mit dem Wachstum und der sich erholenden Wirtschaft Schritt zu halten. Bislang gab es einen Rückstand, und es sind dringend Investitionen erforderlich, um diesen Rückstand aufzuholen. 

Da die Komplexität der Lieferkette steigt, müssen die Unternehmen besser in der Lage sein, Veränderungen der Nachfrage zu verstehen. Das erfordert intelligentere Daten und Analysen. Ein Beispiel: Früher orientierten sich die Hafenbetreiber an großen saisonalen Trends. Heute ist die Nachfrage viel komplizierter geworden und die Nachfrage ist das ganze Jahr hoch. Leider sind traditionelle Prognosemodelle in dieser neuen Normalität nicht mehr so vorhersehbar - um mithalten zu können, müssen sich die globalen Lieferketten also anpassen.

Kein Weg zurück

Manche werden argumentieren, dass nach den letzten Auswirkungen von der Pandemie, die Normalität zurückkehren wird. Doch die Ukraine-Krise zeigt, wie schnell sich die Welt verändert. Unternehmen müssen sich entsprechend anpassen. Die vorhersehbare und risikoarme Welt der 90er und frühen 2000er geht zu Ende und mit ihr, die „einfache“ Lieferkette.

Um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen, müssen Unternehmen verstehen, dass es sich nicht um eine vorübergehende Erscheinung, sondern um eine dauerhafte Veränderung handelt. Unternehmen müssen jetzt ihr bestehendes Lieferkettenmodell überprüfen, um festzustellen, ob es in dieser neuen Welt mit hohem Risiko noch effektiv ist. Diejenigen, die sich mit den Instrumenten und der Infrastruktur ausstatten, die für Agilität erforderlich sind, werden erfolgreich sein.

Wenn Sie die Herausforderungen Ihrer Lieferkette mit uns besprechen möchten, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.