Der Trend hin zu mehr Local Content im Einkauf in den Ländern des Nahen Ostens bringt eine Reihe von Herausforderungen und Chancen für Unternehmen mit sich. Dies gilt für Firmen, die sich um Aufträge bewerben ebenso wie für solche, die bereits Supply-Chain-Aktivitäten in der Region unterhalten.

Jedem Unternehmen, das sich in der Nahost-Region um Aufträge bemüht oder Projekte an Lieferanten vergibt, sollte der aktuelle Trend hin zu mehr Local Content bewusst sein. Es handelt sich dabei um Initiativen, um den Inlandsanteil, die Beschäftigung eigener Staatsbürger sowie die direkten Investitionen aus dem Ausland in Fertigung und Dienstleistungen zu erhöhen.

Nirgends ist dies so offensichtlich wie im Königreich Saudi-Arabien, wo die Local-Content-Richtlinien explizit Teil der veröffentlichten Initiative „Vision 2030“ der Regierung waren und wo Schätzungen davon ausgehen, dass auf diese Weise Potenzial in Höhe von 270 Milliarden SAR (ca. 61 Milliarden Euro) für lokale Anbieter geschaffen werden kann. Die saudi-arabische Regierung ist davon überzeugt, dass dies dazu beitragen wird, 450.000 Arbeitsplätze im nichtstaatlichen Sektor zu schaffen, die Abhängigkeit des Königreichs von ausländischen Arbeitskräften zu senken und den Anteil lokaler Mitarbeiter zu erhöhen.

Andere Länder der Nahost-Region, darunter Oman, haben ähnliche Richtlinien, während große Unternehmen wie die Kuwait Oil Company für sich selbst die Nutzung von lokalen Anbietern als Teil ihrer Supply-Chain-Bestimmungen festgelegt haben.

Es ist eine Sache, zu sagen, dass vor Ort eingekauft werden muss. Die andere Sache ist es, Lieferanten mit der erforderlichen Qualität und Kapazität zu finden – und dies in einer Region, die über keine lange Tradition von lokalen Lieferanten mit eigener Produktion verfügt.

Lokale Anbieter identifizieren

Die Herausforderung für Unternehmen, die bereits einen Standort in Saudi-Arabien besitzen oder Handel in der Region betreiben, liegt nicht nur in der lokalen Beschaffung, sondern auch in der Ermittlung, wer überhaupt als lokaler Anbieter angesehen werden kann.

Es ist eine Sache, zu sagen, dass vor Ort eingekauft werden muss. Die andere Sache ist es, Lieferanten mit der erforderlichen Qualität und Kapazität zu finden – und dies in einer Region, die über keine lange Tradition von lokalen Lieferanten mit eigener Produktion verfügt. Außerdem geht es bei der Definition von Local Content nicht nur um den registrierten Firmensitz oder um die Zahl der Mitarbeiter. Die Thematik ist deutlich umfassender und es stellt sich die Frage, wie man zwei Unternehmen vergleichen kann, die in sehr unterschiedlichen Branchen agieren.

Efficio hat sowohl mit der saudi-arabischen Regierung als auch mit großen saudi-arabischen Firmen daran gearbeitet, eine gemeinsame Definition, Methodologie sowie entsprechende Online-Tools zu entwickeln, um die Performance von Local Content in der saudi-arabischen Supply Chain sichtbar zu machen und zu überwachen. Lesen Sie dazu die Fallstudie weiter unten: ‚Local Content Transformation in Saudi-Arabien‘.

Je nach Interessenvertreter gibt es unterschiedliche Herausforderungen – etwa bei einer Regierungsbehörde, die die Gesetzgebung rund um das öffentliche Auftragswesen berücksichtigen muss oder bei einem internationalen Unternehmen mit globalen Einkaufsrichtlinien, das seine Vorgehensweise anpassen muss, um die Anforderungen eines bestimmten Landes zu erfüllen.

Fallstudie

LOCAL CONTENT TRANSFORMATION IN SAUDI-ARABIEN

Nach dem Start der Initiative „Vision 2030“ hat die saudi-arabische Regierung Efficio damit beauftragt, eine Strategie zu entwickeln und entsprechende Empfehlungen für die Veränderung von Gesetzen, regulatorischen Vorschriften und Beschaffungsverfahren auszusprechen...
 

Eine Local-Content-Strategie entwickeln

Welche Schritte also sollten Firmen unternehmen, um die Local-Content-Anforderungen erfüllen zu können?

Der erste Schritt ist, die Verantwortung für Local Content in die täglichen Abläufe der Teams im Einkauf einzubetten – anstatt das Thema separat in einer CSR-Abteilung unterzubringen, die vermutlich keinen engen Bezug zur Lieferantenbasis hat.

Anschließend sollte das aktuelle Maß an lokalen Anbietern als Ausgangswert ermittelt werden, um festzulegen, wo zusätzliche Initiativen eingeführt werden könnten – ein Vorgang, bei dem es auch darum geht, dem Geldfluss zu folgen. Wohin fließt das Geld, das Sie ausgeben und wie viel davon verbleibt vor Ort, ob in Form von Beschäftigung, Produktion, Investitionen in Weiterbildung und Infrastruktur oder Forschung und Entwicklung?

Teil dieses Prozesses ist es, die wichtigsten Lieferanten in der Region zu identifizieren und zu verstehen, was sie tun und wie gut sie es tun. Stimmen die geschäftlichen Rahmenbedingungen, kann dies Unternehmen dazu bewegen, ihre Einkaufsstrategie anzupassen. Local Content sollte weder die Kosten in die Höhe treiben noch den Wettbewerb eliminieren – es sollte direkte Investitionen aus dem Ausland und Konkurrenz ermöglichen, um eine gesunde und starke Wirtschaft zu schaffen.

Diese Grundlagenarbeit liefert oftmals zusätzliche Vorteile, da Einsparpotenziale identifiziert werden können. Man kann das Risiko eines Unternehmens anhand der Anzahl der verwendeten Lieferanten beurteilen und einen Anbieter vor Ort oder eine ausländische Firma ins Boot holen, welche auf lokale Arbeitskräfte setzt, um von einer Single-Sourcing-Strategie wegzukommen. Firmen sind dadurch in der Lage, einen lokalen Anbieter und seine Preisgestaltung zu überprüfen und der Frage nachzugehen, ob das Angebot den nötigen Anforderungen entspricht.

Ein Unternehmen, das genau diese Schritte eingeleitet hat, ist das Bergbauunternehmen Ma’aden. In Zusammenarbeit mit Efficio wurde festgelegt, wie sich Prozesse und Prinzipien rund um das Thema Local Content in das eigene Geschäftsmodell einbinden lassen. Dies schloss die Analyse der gegenwärtigen Ausgangssituation sowie die Entwicklung von Online-Tools für Reporting und Monitoring mit ein. Efficio erfasste auch Daten von Lieferanten, um die jeweilige Bedeutung für den Local Content festzustellen und besonders gute oder schlechte Akteure innerhalb der Supply Chain von Ma’aden hervorzuheben.

Local Content sollte weder die Kosten in die Höhe treiben noch den Wettbewerb eliminieren – es sollte direkte Investitionen aus dem Ausland ermöglichen…

Der Vorteil für Pioniere

Solche Maßnahmen frühzeitig einzuleiten, kann Unternehmen bei der Angebotsabgabe einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Das gleiche gilt für internationale Unternehmen, die Aufträge von Regierungen oder anderen Organisationen in Saudi-Arabien oder der umliegenden Region erhalten möchten.

Firmen müssen verstehen, auf welche Weise sie bezüglich des Faktors Local Content bewertet werden und dies in ihren Antworten bei Ausschreibungen sowie bei Fragebögen für ihre eigenen Lieferanten berücksichtigen. In manchen Fällen laufen Verträge über einen Zeitraum von 30 Jahren. Dementsprechend wichtig ist eine langfristige Betrachtung.

Der Hauptvorteil für Pioniere in diesem Segment ist ganz simpel: Je mehr sie in puncto Local Content vorweisen können, umso besser stehen ihre Wachstumschancen in der Region.