Als neuer COO, CFO oder CPO können Sie das Verbesserungspotenzial Ihrer Einkaufsabteilung durch die Analyse von 5 Schlüsselbereichen bestimmen.

Die Bewertung des Einkaufs anhand von 5 Hauptparametern zeigt auf, in welchem Bereich Verbesserungen möglich wären:

  1. Organisatorische Aufstellung: Führung, Berichtswege, Kompetenzbereich, Handlungsauftrag
  2. Mitarbeiterprofil: Bildung, Qualifikationen, Erfahrung, Mitarbeitergewinnung
  3. Strategischer Einkauf: Positionen, Verfahren und Kompetenz
  4. Einbeziehung von Fachbereichen: Grad der Integration des Funktionsbereichs in wichtigen Unternehmensbereichen
  5. Strategische Planung: vollständige Integration in den Prozess der strategischen Planung und Budgetplanung

Organisatorische Aufstellung

Bei der Diskussion um die Frage, ob der Einkauf mit am Vorstandstisch sitzen sollte, handelt es sich in gewissem Maße um eine Art Ablenkungsmanöver. Die Natur der Berichtswege ergibt sich letztendlich aus dem Zuschnitt des Unternehmens, aus der relativen Kritikalität des Lieferantenstamms und den Kosten für das Unternehmen – nicht alle Funktionsbereiche können direkt vertreten sein. Dennoch ist ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Erfolg einer Einkaufsabteilung und folgenden Faktoren feststellbar:

  • Der Einkauf ist auf Führungsebene gut repräsentiert, idealerweise durch einen COO oder CFO, der Kollegen so zu beeinflussen weiß, dass eine frühzeitige Einbindung des Einkaufs und strategische Abstimmung von Zielen gewährleistet ist.
  • Der Funktionsbereich hat klare und weitreichende Kompetenzen, die sich auf alle Ausgaben für Drittleistungen erstrecken und für die es entsprechende Befugnisse gibt, die auch durchgesetzt werden.
  • Die Abteilungsleitung unterrichtet die Unternehmensführung regelmäßig über aktuelle Erfolge, Potenziale und strategische Planungen des Einkaufs.
  • Die Abteilungsleitung verfügt über die erforderlichen Qualifikationen, um auf Führungsebene zu agieren und Einfluss auszuüben.

Für Einkaufsabteilungen, die keinen Vertreter oder Fürsprecher auf Führungsebene haben, gestaltet es sich oftmals schwierig, entsprechend Einfluss zu nehmen. Der Funktionsbereich muss außerdem im eigenen Interesse dafür Sorge tragen, dass er über die richtigen Qualifikationen und Fähigkeiten verfügt, um dem Unternehmen einen Mehrwert bieten zu können. Allzu oft kommt es vor, dass Einkaufsabteilungen eine stärkere Einbeziehung fordern, dann jedoch wichtige Fachbereiche dadurch verprellen, dass Projekte mit Mitarbeitern besetzt werden, die nicht über die dafür erforderlichen Qualifikationen und Erfahrungen verfügen.

Mitarbeiterprofil

Während der Arbeit an einer Funktionsanalyse erklärte der CIO eines Klienten, warum er nur wenig mit dem Einkaufsteam des Unternehmens zu tun habe: „Ich würde sie gern schon früher ins Spiel bringen, wenn ich das Gefühl hätte, dass mein Team dadurch einen Mehrwert hätte. Nach meiner bisherigen Erfahrung verfügen sie aber weder über die richtigen Qualifikationen noch über ein ausreichendes Verständnis der brennenden Fragen im IT-Bereich.‟

Der Einkauf gilt selten als attraktiv oder gar ‚sexy‛. Er hat daher größere Schwierigkeiten als andere Funktionsbereiche, wenn es um die Gewinnung fähiger Mitarbeiter geht. Dies überrascht, wo doch der strategische Einkauf ein überaus komplexer Prozess ist, der sehr hohe Qualifikationen erfordert und Mitarbeiter, die in unterschiedlichen Fachbereichen Einfluss ausüben können, detaillierte Analysen durchführen, fundierte kaufmännische Strategien entwickeln, Verhandlungen führen, Verträge entwerfen und komplexe Veränderungsprojekte leiten.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Unternehmen, die in hochqualifizierte Einkaufsmitarbeiter investieren, durch die Bank eine sehr viel höhere Leistungsfähigkeit und ein besseres Zusammenspiel aller Unternehmensbereiche zeigen.

Strategischer Einkauf

Eine der zentralen Kennzahlen, die wir uns anschauen, ist die Ressourcenverteilung zwischen strategischen, überwachenden und transaktionalen Aktivitäten.

Bei leistungsschwachen Abteilungen ist oftmals der Anteil der Ressourcen für strategische Aktivitäten zu gering oder es wird nicht ausreichend zwischen den verschiedenen Qualifikationen unterschieden, die zur Umsetzung einer reaktiven taktischen Beschaffung und eines proaktiven strategischen Einkaufs benötigt werden. Leistungsstarke Abteilungen hingegen zeigen normalerweise folgende Merkmale:

  • Der strategische Einkauf ist als Tätigkeit, die spezielle Fähigkeiten erfordert, anerkannt und mit ausreichend qualifizierten Mitarbeitern besetzt. Der strategische Einkaufsprozess ist so angelegt, dass er es ermöglicht, Unternehmensbedürfnisse zu definieren und herauszufordern, den Beschaffungsmarkt zu ergründen, eine Strategie festzulegen und wettbewerbsfähige Ausschreibungen und Aktivitäten zur Lieferantenentwicklung durchzuführen. Hier sollten die ‚Stars‛ der Abteilung zu Hause sein. Sie sollten auch das Hauptziel für Investitionen und Entwicklungsmöglichkeiten bilden. Jeder in dieses Team investierte Euro sollte mehr als zehnfach wieder herausfließen – eine gesunde Investition für jedes Unternehmen.
  • Taktischer Einkauf und Procure-to-Pay (P2P), wo der Fokus auf effektiver Steuerung und Effizienz transaktionaler Prozesse liegt, sind vom strategischen Einkauf getrennt.
  • Governance: Bei leistungsstarken Funktionsbereichen ist die Governance bereits in die Kernprozesse integriert, wobei die Abteilung nur wenige ausgewählte  Positionen ‚überwacht‛. Dies führt zu einer höheren Verantwortlichkeit und spart Personalkosten, die dann in einen wertschöpfenden strategischen Einkauf investiert werden können.

Ein Unternehmen kann auf kurze Sicht nicht ohne wirksame P2P-Aktivitäten funktionieren, doch nur der strategische Einkauf bringt als Prozess eine langfristige Wertschöpfung und  -erhaltung. Beide Aktivitäten haben unterschiedliche Gangarten und erfordern unterschiedliche Qualifikationen. Leider ist dies einigen Unternehmen noch nicht bewusst. Sie erwarten, dass dieselben Mitarbeiter beides beherrschen, mit der Folge, dass das ‚Dringliche‛ gemeinhin vor dem ‚Wichtigen‛ kommt.

Einbeziehung von Fachbereichen

Da die GuV-Verantwortlichkeit beim ganzen Unternehmensbereich liegt, kommt dem Einkauf meist nur unterstützende Funktion zu. Um eine vollständige Integration sicherzustellen, muss der Einkauf Fachbereiche einbeziehen und dafür sorgen, dass Einkaufsplanungen voll und ganz auf die strategischen Ziele des Unternehmens und die Zielsetzungen des Unternehmensbereichs abgestimmt sind. Leistungsstarke Abteilungen stellen sicher, dass Mitarbeiter ausgiebig und eng mit ihren internen Ansprechpartnern zusammenarbeiten. Die Fachbereiche als Kunden zu behandeln ist dabei für Abteilungen ein wirksamer Test dafür, wie gut das Zusammenspiel funktioniert, wie gut die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden verstanden werden und wie gut die von ihnen erbrachten Leistungen verstanden und wertgeschätzt werden.

Einkaufsmitarbeiter sollten sichtbar und engagiert sein und allen Funktionsbereichen des Unternehmens das Leben leichter machen. Wenn sie nur an ihren Schreibtisch ‚gefesselt‛ sind oder nur am Ende des Einkaufsprozesses zum Einsatz kommen, um anderswo getroffene Entscheidungen zu bestätigen, dann bleibt ihre Wertschöpfung gering. Das Unternehmen verschenkt beträchtliches Potenzial.

Strategische Planung

Ein sicherer Parameter für den dem Einkauf innerhalb des Unternehmens beigemessenen Wert ist das Maß seiner Einbeziehung in die jährliche strategische Planung. Wir testen die Einbeziehung anhand folgender Indikatoren:

  • Die Einkaufsabteilung verfügt über einen eindeutigen Planungsprozess zur Bestimmung und Priorisierung von Projekten und Aktivitäten. Dieser Prozess ist genau definiert und von Fachbereichen und Finanzabteilung formell abgesegnet.
  • Die Einkaufsabteilung wird im Rahmen des strategischen Planungszyklus von der Finanzabteilung und den Geschäftsbereichen konsultiert, um beim Bestimmen der Kosten für Drittleistungen behilflich zu sein. Ihre Empfehlungen werden in die strategischen Planungen der Geschäftsbereiche aufgenommen.
  • Einsparziele werden direkt in die Budgets der Geschäftsbereiche ‚eingebrannt‛ – dadurch werden Abstimmung und Verantwortlichkeit befördert. Es entsteht eine Art Symbiose, welche die gegenseitige Einbeziehung sicherstellt. Dieser Indikator ist auch ein wertvolles Maß für das Vertrauen des Unternehmens in die Leistungsfähigkeit seines Einkaufs.
  • Es werden regelmäßig Fortschrittsberichte mit Vergleich zu den ursprünglichen Planungen erstellt. Alle Parteien sind verantwortlich.

Die Zielsetzungen und Projekte der Einkaufsabteilung sind allzu oft nicht auf die Unternehmensprioritäten abgestimmt. Einsparungen gibt es dann nur ‚auf dem Papier‛, da sie sich in der GuV nicht herauskristallisieren.

Es ist wichtig, dass die für den Einkauf zuständigen Führungskräfte die Schlüsselindikatoren für Erfolg kennen – egal ob CPO mit BWL-Hintergrund oder COO/CFO.

Obwohl sich eine vollständige Funktionsanalyse beim Zuschneiden eines anschließenden Verbesserungsprogramms als äußerst hilfreich erweisen kann, können Führungskräfte die Leistungsfähigkeit ihres Einkaufs anhand der dargelegten Indikatoren ganz einfach sofort überprüfen. Zeigen sich anhand übergreifender Indikatoren bereits Defizite, sollte eine schnelle fundierte Prüfung in Auftrag gegeben werden, die ein Benchmarking des Funktionsbereichs vornimmt, erforderliche Veränderungen bestimmt bzw. bewertet und mögliche Vorteile und Gewinne durch Investitionen in einen leistungsstärkeren Einkauf aufzeigt.