Autoren: Simon Whatson, Andrea Zanaboni

Immer mehr Private-Equity-Unternehmen setzen auf das Potenzial des Einkaufs, das EBITDA kurzfristig zu steigern. Trotzdem bleibt oft viel Potenzial ungenutzt. Mithilfe dieser Checkliste können Sie den Einkauf strategisch nutzen, um mit ausgewählten Maßnahmen echten Mehrwert entlang des gesamten Transaktionsprozesses zu generieren.

Viele Unternehmen investieren zu wenig in den Einkauf. Das führt zu eingeschränkten Kompetenzen, fragmentierten Prozessen und mangelnder Transparenz. Der Einkauf steht selten im Mittelpunkt, hat aber einen direkten Einfluss auf das Unternehmensergebnis. Darüber hinaus ist die Weiterentwicklung des Einkaufs in der Regel weniger riskant als größere Restrukturierungen oder Markteintritte. Bei einer der 20 weltweit führenden Private-Equity-Gesellschaften erzielte der Einkauf zum Beispiel eine Steigerung des EBITDA um über 240 Millionen US-Dollar. Bei Standard-PE-Multiplikatoren (8-10x) entspricht dies einem Eigenkapitalwert von rund 2 Milliarden US-Dollar. Darüber hinaus wurden weitere Potenziale im Wert von 220 Millionen US-Dollar identifiziert. Wer den Einkauf unterschätzt, verzichtet auf klare Chancen zur Wertsteigerung. 

Wenn PE-Unternehmen den maximalen Wert realisieren wollen, sollten sie deshalb schon während der Due Diligence und in der frühen Beteiligungsphase einen klaren Fokus auf den Einkauf legen. Das Ziel sollte darin bestehen, Jahrespläne zu entwickeln, Einsparungen zu erzielen und den Exit vorzubereiten. Die folgende Checkliste fasst die wichtigsten Schritte pro Phase zusammen.

1. Due Diligence / Vor der Transaktion 

Ziel: Ermittlung der Einkaufsperfomance und –beteiligung sowie des Wertschöpfungspotenzials als Grundlage der Transaktions- und Investitionsbewertung.

Benchmark für Einkaufspotenziale 

Bewerten Sie die Effektivität des Einkaufs anhand klar definierter Kennzahlen, die Beteiligung, Compliance und die Ausrichtung auf die zentralen Geschäftsprioritäten abbilden. Berücksichtigen Sie dabei die folgenden Faktoren. Die genannten Zielbereiche dienen als Orientierung, können aber je nach Branche, Unternehmensgröße und Reifegrad variieren: 

  • Prozentualer Anteil der Gesamtausgaben, die von der Einkaufsabteilung aktiv gemanagt werden (typisches Ziel: >80 %). 
  • Ausgabenabdeckung durch Bestellungen (POs), die im Einklang mit Einkaufsstrategie und -richtlinien stehen (typisches Ziel: >90 %). 
  • Prozentualer Anteil der Ausgaben, die in den letzten drei Jahren über formelle Ausschreibungen abgewickelt wurden.* 
  • Verhältnis zwischen Lieferanten unter Vertrag und Einkaufsmitarbeitern (typisches Ziel: <50 %). 
  • Grad der Formalisierung und konsequenten Anwendung von Tools, Richtlinien und Prozessen. 
  • Ausrichtung der Einkaufsprioritäten auf übergeordnete Geschäftsziele (z. B. Kostensenkung, Optimierung des Working Capitals). 


Überblick über die Lieferantenlandschaft

  • Wer sind die wichtigsten Lieferanten nach Wert und Relevanz? 
  • Gibt es signifikante Risiken durch Single-Source oder Lieferantenkonzentration? 
  • Gibt es ungenutzte, schnell umsetzbare Konsolidierungs- oder Verhandlungsmöglichkeiten?  


Team und Fähigkeiten  

  • Wie groß ist das Einkaufsteam, wie ist es strukturiert und über welche Kompetenzen verfügt es?  
  • Wie hoch sind die Effektivität, die Kosten und der ROI der Einkaufsabteilung im Verhältnis zu den gemanagten Ausgaben und den realisierten Einsparungen? 
  • Sind Anreize und Leistungsziele auf die strategischen Prioritäten des Einkaufs und des Unternehmens abgestimmt (z. B. Kosten, Liquidität, ESG, Risiko)?  

 

*bis zu 90% der ausschreibbaren Ausgaben

2. Planungsphase

Ziel: Festlegung der Baseline, der adressierbaren Chancen und der Roadmap für die Wertschöpfung.

Baseline und Analyse 

  • Wurde ein sauberer, aktueller Spend Cube entwickelt?
  • Welcher Anteil der Ausgaben ist adressierbar / vom Einkauf beeinflussbar? 
  • Gibt es Ineffizienzen wie Tail Spend, Maverick Buying oder fragmentierte, ineffizienten Lieferantenbasis? 


Vertragsmanagement und -verhandlung

  • Wie transparent ist der Vertragsstatus (gültig, ausgelaufen oder fehlend)? 
  • Gibt es Möglichkeiten für Benchmarking oder Neuausschreibungen? 
  • Gibt es SLAs und KPIs, die Lieferantenperformance messen und mit dieser übereinstimmen? 


Portfolio-Synergien

  • Gibt es Warengruppen, die für mehrere oder alle Portfoliounternehmen wichtig sind und dementsprechend Synergiepotenziale mit sich bringen? 
  • Können Bedarfe konsolidiert werden, um bessere Konditionen zu verhandeln? 
  • Gibt es Möglichkeiten, ausgewählte Einkaufsaktivitäten zu zentralisieren, z. B. durch Einrichtung eines gebündelten Service-Centers? 

3. Ausführungsphase

Ziel: Schnelle Einsparungen erzielen, strukturelle Verbesserungen umsetzen und Kontrollen festlegen.

Roadmap zur Wertschöpfung 

  • Konzentrieren Sie sich darauf, innerhalb der ersten 100 Tage Initiativen zu starten, die schnell greifbare Ergebnisse ermöglichen
  • Implementieren Sie Prozesse, welche die Lieferantenbeziehung während der Vertragslaufzeit managt und Lieferanten segmentiert. 
  • Stärken Sie die PO-Compliance und die allgemeine Prozesseinhaltung. 
  • Identifizieren Sie zusätzliche strukturelle oder digitale Investitionen, die zur Förderung der langfristigen Leistung erforderlich sind. 


Verbesserung von Team und Fähigkeiten 

  • Entwickeln Sie ihr Team weiter, damit dieses mehr Verantwortung im Warengruppenmanagement übernehmen kann und von Business-Stakeholdern stärker eingebunden wird. 
  • Setzen Sie bei Bedarf externes oder temporäres Beschaffungs-Know-how ein, um Ergebnisse zu beschleunigen und Best Practices zu verankern. 
  • Implementieren Sie digitale Einkaufstools (z. B. Ausgabenanalyse, E-Sourcing, CLM), um die Transparenz, Effizienz und datengestützte Entscheidungsfindung zu verbessern. 

4. Steady-state phase 

Ziel: Die Sichtbarkeit des Einkaufs im Unternehmen wird erhöht und sein Mehrwert sowohl in der Zusammenarbeit als auch in der GuV verankert.

Kontinuierliche Wertverfolgung

  • Überprüfen Sie die Einsparungen im Einkauf anhand der Gewinn- und Verlustrechnung und stellen Sie sicher, dass sie in den Annahmen des Value Creation Plans (VCP) und der Leistungsüberwachung verankert sind. 
  • Betten Sie Einkaufs-KPIs in Business Scorecards und Leistungsbewertungen ein. 
  • Formalisieren Sie Einkaufsrichtlinien, -instrumente und Governance-Strukturen. 
  • Richten Sie die laufenden Prioritäten des Einkaufs an den Geschäftszielen wie Kosten, Liquidität, ESG oder Risiko aus. 

Das volle Potenzial des Einkaufs nutzen. 

Mit einem klaren, schrittweisen Ansatz – von Due Diligence bis Business-as-usual – werden Wertschöpfung und Einsparungen nachhaltig und messbar. Daten, operative Erkenntnisse und gezielte Teamentwicklung machen den Einkauf zum strategischen Hebel. Das stärkt EBITDA, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit und steigert den Unternehmenswert. Gleichzeitig verbessert sich die Liquidität und die Beziehungen zu den Lieferanten. 

Private-Equity-Unternehmen, die den Einkauf als strategischen Hebel begreifen, erzielen nicht nur kurzfristige Einsparungen, sondern schaffen nachhaltige Wertsteigerung – von der Due Diligence bis zum Exit.
Adi Bijedic, Director, Efficio